Vom TV in eine barrierefreie Zukunft:
Vom TV in eine barrierefreie Zukunft: Das teilbare Rollstuhlrad trivida® rollt weiter.
Die Geschichte des trivida-Rades hat vor vielen Jahren in der Werkstatt von Diplomdesigner Christian Czapek begonnen. Um für seinen Bruder das Leben im Rollstuhl selbstständiger zu gestalten, hat er das Rad gewissermaßen „neu erfunden“. Heute führt Dr. Christine Pflaumbaum gemeinsam mit Ihrem Vater die P+L Innovations GmbH mit der Vision, Menschen im Rollstuhl das Leben zu erleichtern und Barrierefreiheit und Inklusion ins Rollen zubringen. Im September 2022 haben Sie sich in eine bekannte Gründershow bei VOX getraut und damit das Rad in Deutschlands Wohnzimmer gebracht. Was war das für eine Erfahrung?!
„Vom TV in eine barrierefreiere Zukunft:
Das teilbare Rollstuhlrad trivida® rollt weiter.“
Interview mit Dr. Christine Pflaumbaum; September 2022
Frau Dr. Pflaumbaum, stellen Sie sich und das Startup P+L Innovations GmbH doch kurz vor!
Wir sind ein familiengeführtes Unternehmen mit Sitz in Bad Krozingen bei Freiburg. Mein Vater und ich teilen uns die Geschäftsführung. Unser Herzensprojekt ist das teilbare Rollstuhlrad trivida, das erste Rollstuhlrad, das volle Barrierefreiheit für seitliche Transfers möglich macht. Dank der triatec-Technologie lässt sich das jeweils obenliegende Segment des Rollstuhlrades einfach herausnehmen. So ist das Rad nicht mehr im Weg, und ein seitliches Umsetzen vom Rollstuhl auf die externe Sitzfläche und umgekehrt ist barrierefrei möglich. trivida erhält man als Hilfsmittel im Sanitätshaus, die Kosten werden i. d. R. von den Krankenkassen übernommen. Für Menschen mit Behinderung ist trivida eine Pionierlösung für mehr Barrierefreiheit und Inklusion – und ein großer Schritt in puncto Unabhängigkeit und Lebensqualität.
Vor trivida® hatten Sie noch keine Berührungspunkte mit dem Gesundheitswesen oder mit Menschen, die im Rollstuhl sitzen. Wie erlebten Sie die erste Zeit in dieser Welt?
Am Anfang war ich einfach nur glücklich, dass trivida uns quasi über den Weg gerollt ist. Dieses Produkt ist so innovativ und unterstützenswert, dass mein Vater und ich damals nicht gezögert haben, das teilbare Rollstuhlrad weiterzuentwickeln und zur Marktreife zu bringen. Wir sind dann auch recht schnell mit Kristina Vogel in Kontakt gekommen. Sie war von Anfang an im Projekt involviert und hat uns tatkräftig unterstützt. Denn wir wollten trivida so nutzerfreundlich und praktisch wie möglich entwickeln. Das geht natürlich am besten mit Hinweisen aus erster Hand. trivida soll authentisch bleiben und wir möchten, dass sich die Nutzer:innen mit unserem Produkt wohl fühlen. „Einfach mal machen“ geht nicht – wir leben trivida jeden Tag, 24/7. Das muss ich aber dazu sagen: Hätte ich am Anfang gewusst, welche Hürden und leider auch Barrieren wir im Gesundheitssystem überwinden müssen, wäre ich wohl nicht ganz so euphorisch gestartet.
Vor 2 Jahren ist das teilbare Rollstuhlrad trivida® auf den Markt gekommen. Was war das schönste Erlebnis auf dieser Reise?
Das schönste Erlebnis war auf der REHAB-Messe in Karlsruhe. Auf einmal sehe ich in dieser riesigen Halle in der Menschenmasse eine Frau im Rollstuhl, die auf unseren Stand zukommt – ihr Rolli ausgestattet mit trivida-Rädern. Die Frau strahlte mich an – und ich zurück. Sie sagte mir, wie zufrieden sie und ihr Mann mit den Rädern sind und welchen Unterschied die Räder im gemeinsamen Leben machen. Dieser Moment war toll und ich werde ihn nie vergessen!
trivida® ist ein gutes Beispiel dafür, wie Inklusion und Barrierefreiheit vorangetrieben werden können. Wo sehen Sie heute noch die größten Defizite beim Thema Barrierefreiheit?
Ja, wo fängt man da an? Es fehlt häufig schon an den Basics: Rampen, wo Treppen sind, Hebebühnen bzw. Lifter im Personenverkehr, Hublifter, wenn Fahrstühle defekt sind. Es muss so viel Planung und Reaktion im Leben von Rollstuhlfahrer:innen stattfinden – das ist täglicher Stress und schränkt unfassbar ein. Ein persönliches Beispiel: Wir wollten mit allen Teammitgliedern essen gehen, das Restaurant musste also barrierefrei und rollstuhlgerecht sein. Wir haben zwei Tage telefoniert und recherchiert, bis wir ein passendes Lokal gefunden haben. Das muss sich ändern! Wir möchten mit trivida dazu beitragen, die Veränderung in Gang zu setzen und voranzutreiben. Wir haben zum Beispiel eine Kundin, die durch die trivida-Räder wieder selbstbestimmt in ihren Tag starten kann. Sie muss nicht mehr auf den Pflegedienst warten, um aus dem Bett mobilisiert zu werden, sondern kann nun alleine entscheiden wann sie morgens den ersten Kaffee trinkt. Dieses bisschen Freiheit, das ist doch Goldwert!
Im September 2021 haben Sie sich in eine bekannte Gründershow bei VOX getraut und damit das Rad in Deutschlands Wohnzimmer gebracht. Was war das für eine Erfahrung?
Völlig surreal! *lacht* Es war so aufregend, dahin zu gehen. Hinter den Kulissen ist es ganz anders als vor dem Fernseher. Da ist zum Beispiel diese kleine Roboter-Kamera, die mit filmt. Das bekommt man als Zuschauer natürlich nicht mit. Für uns war es auf der einen Seite eine super Möglichkeit, unsere Räder einem unfassbar großen Publikum vorzustellen. Auf der anderen Seite konnten wir eben genau auf das Problem „Barrierefreiheit“ aufmerksam machen und die Zuschauer:innen sensibilisieren. Denn ohne Berührungspunkte mit dem Thema macht man sich keine Gedanken darüber, wie die Menschen im Rollstuhl auf die Toilette gehen, wie hoch das Verletzungsrisiko bei einem Transfer ist oder wie sehr Transfersituationen Rollstuhlfahrer:innen, (Ehe-)Partner:innen, Betreuungspersonen oder Pflegepersonal einschränken und belasten. Dieser Dreh war eine Chance, die wir uns nicht entgehen lassen wollten, und eine Erfahrung, von der wir nachhaltig zehren können. Als wir dann die erste Vorschau der Folge gesehen und noch mal wahrgenommen haben, wie viel positives und wertschätzendes Feedback wir erhalten haben, waren wir so glücklich. Was will man mehr? Das ist ein großer Erfolg für uns.
Gab es Momente auf der trivida-Reise, die Sie nachhaltig verändert haben?
Wir haben auf unserer Reise ein wunderbares, innovatives und zielstrebiges Team aufbauen können. Ohne diese Menschen hätten wir die schweren Zeiten (als wir zum ersten Mal auf den Markt kamen, brach Corona aus) nicht überstanden. Mittlerweile konnten wir unsere Räder weiterentwickeln, wir haben den German Innovation Award und den German Brand Award gewonnen, sind mit unserer Produktion umgezogen und vieles mehr. Kurzgesagt: Wir haben Anlauf genommen und geben jetzt so richtig Gas. Ja, diese Erlebnisse haben mich verändert – und heute freue ich mich umso mehr auf unsere trivida-Zukunft!
Wo sehen Sie das trivida-Rad in fünf Jahren?
Unsere Reise ist ganz klar am Anfang und wir schaffen momentan eine Basis, auf der wir dann weiterarbeiten und weiterentwickeln können. In fünf Jahren haben wir eine wegweisende trivida-Familie. Das Team hat viele neue Ideen und wir sind dabei, diese Ideen zu verwirklichen. Aber alles zu seiner Zeit, das Rad wurde schließlich auch nicht an einem Tag entwickelt.
Vielen Dank für das Gespräch!
„Vom TV in eine barrierefreiere Zukunft:
Das teilbare Rollstuhlrad trivida® rollt weiter.“
Interview mit Dr. Christine Pflaumbaum; September 2022
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